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Begründetheit eines Widerspruchsverfahrens



Aufgaben:

1.) Was gilt für den Prüfungsmaßstab im Widerspruchsverfahren? Erstellen Sie ein Prüfungsschema zur Überprüfung der Begründetheit eines Anfechtungswiderspruchs!

2.) Darf die Widerspruchsbehörde sich auf die Überprüfung der im Ausgangsbescheid angegebenen Gründe beschränken? Begründen Sie Ihre Antwort!

3.) Welches ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rahmen der Begründetheit? Was bedeutet dies für die Widerspruchsbehörde?

4.) Kennen Sie eine Ausnahme von dem unter 3. angesprochenen Grundsatz?

5.) Wann ist ein Widerspruch allgemein begründet? Führen Sie dies bitte näher aus!



Lösungen:

1.) Prüfungsmaßstab im Widerspruchsverfahren sind regelmäßig Rechtmäßigkeit (= rechtliche Kontrolle) und Zweckmäßigkeit (= sachliche Richtigkeit) der angefochtenen Verwaltungsentscheidung.

Ein Prüfungsschema für die Überprüfung der Begründetheit eines Anfechtungswiderspruchs könnte folgendermaßen aussehen:

1. Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes
a. Ermächtigungsgrundlage
b. Zuständigkeit der Ausgangsbehörde
c. Form und Verfahren
d. Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
e. Verstoß gegen sonstiges Recht (z.B. Grundgesetz)
2. Rechtsgutverletzung des Widerspruchsführers (§ 113 I VwGO analog)
3. ggf. Überprüfung der Zweckmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes

2.) Nein, hierzu ist die Widerspruchsbehörde nicht befugt. Die Widerspruchsbehörde ist nicht nur zur umfassenden Kontrolle der angefochtenen Verwaltungsentscheidung berechtigt, sondern hierzu auch verpflichtet.
Sie ist verpflichtet, eine abschließende eigene Entscheidung zu treffen und dabei alle tatsächlichen und rechtlichen Gründe zu ermitteln und zu berücksichtigen, die für oder gegen die Rechtsmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung sprechen.
Dies ergibt sich darauf, dass der Widerspruchsbehörde aufgrund des Devolutiveffekts des Widerspruchs die umfassende Sachherrschaft zuerkannt wird und ihr somit die gleiche volle Entscheidungskompetenz zusteht, wie der Ausgangsbehörde.

3.) Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist grundsätzlich der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides, d.h. es ist auf die Sach- und Rechtslage in diesem Zeitpunkt abzustellen.
Dies bedeutet für die Widerspruchsbehörde, dass Änderungen der tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen eines Verwaltungsaktes, die zwischen dessen Erlass und dem Erlass des Widerspruchsbescheides eintreten, grundsätzlich zu berücksichtigen sind.

4.) Eine Ausnahme von dem unter 3. angesprochenen Grundsatz ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in den Fällen des baurechtlichen Nachbarwiderspruchs zu machen:
Im Widerspruchsverfahren des Nachbarn gegen eine dem Bauherrn erteilte Baugenehmigung dürfen Rechtsänderungen, die zwischen dem Wirksamwerden der Baugenehmigung und der Entscheidung der Widerspruchsbehörde zum Nachteil des Bauherrn eintreten, wegen der mit der Baugenehmigung bereits eingeräumten Rechtsposition nicht berücksichtigt werden.
Dies folge aus der durch Art. 14 GG gesicherten Garantie des Eigentums.

5.) Der Widerspruch ist begründet, wenn a) die angefochtene Verwaltungsentscheidung rechtswidrig ist und der Widerspruchsführers durch sie in seinen Rechten verletzt wird (= Überprüfung der Rechtsmäßigkeit) sowie b) wenn die angefochtene Verwaltungsentscheidung unzweckmäßig ist und die angewandte Ermessensnorm zumindest auch den Interessen des Widerspruchsführers dient (= Überprüfung der Zweckmäßigkeit).
Im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit gelten die gleichen Maßstäbe wie bei der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage.

Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist rechtswidrig, wenn das für ihre Beurteilung geltende Recht unrichtig angewendet oder bei der Entscheidung von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist.

Sie ist unzweckmäßig, wenn er so, wie er ergangen ist, seinem Inhalt nach zwar rechtlich ergehen durfte, aber zur Erreichung des von der Verwaltung angestrebten Zwecks nicht unerlässlich oder weniger geeignet ist, als ein rechtmäßiger, den Widerspruchsführer weniger belastender Verwaltungsakt oder ein Verzicht auf die Maßnahme.
In Literatur und Rechtsprechung besteht Einigkeit, dass es auf die Überprüfung der Zweckmäßigkeit dann nicht mehr ankommt, wenn bereits (objektive) Rechtswidrigkeit und Rechtsverletzung festgestellt wurden.




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